Das heißt „Auf Wiedersehen Indonesien“. Es war schön, aber es ist Zeit zu gehen. Ich war fünf Wochen in Indonesien. Meine Route startete in Bali.
Pünklich zum Beginn der Regenzeit verweilte ich fünf Tage im mondänen Ubud und mischte mich unter die Touristen. Ich flog weiter nach Flores, verbrachte einige schöne Tage im Küstenort Labuan Bajo, als Robinson Crusoe in einer Bambushütte auf Suraya Island, fasste den Komododrachen am Schwanz auf Rinca Island und setzte auf einem großen Kutter über nach Makassar, in Sulawesi. 24 Stunden auf hoher See, in der Obhut eines deutschen Schiffs, bei dem nichts schief gehen konnte.
Die Crew erzählte uns „you are lucky, it’s offseason. The boat is almost empty. Only 3.000 passengers instead of 6.000. It’s supposed to be for 1.000 people. But don’t worry good boat. Won’t sink, it’s made in Germany.“ Und tatsächlich, es stammte von einer Hamburger Reederei, konnte man mehr Glück haben in Indonesien?
Angekommen in Sulawesi arbeitete ich mich vor, von Süd nach Nord, auf katastrophalen Straßen. Das erste Ziel war Tana Toraja, dann ging es weiter zu den Togian Islands. Drei Tage mühsame Anreise nahmen wir dafür in Kauf. Die Belohnung war eine annähernd touristenfreie Inselgruppe, ohne Telefon, Internet und Strom. Ich hüpfte von Kadidiri Island, über Katupat nach Malenge und verließ die Togians mit dem Puspita Boat in einer unvergesslichen Nachtfahrt. Unter Deck hatte ich meine Matratze genau neben dem Maschinenraum, bei höllischem Lärm und tropischen Temperaturen, lag ich zwischen den Einheimischen.
Der Indonesier ist freundlich, gut gelaunt und hilfsbereit. Er ist ehrlich, lacht gerne, laut und oft. Vom Umweltschutz hält er nichts, unzählige Plastiktüten und Flaschen an traumhaften Stränden bestätigen das. Seine Lieblingsbeschäftigung ist das Rauchen, Tag und Nacht, wach und schlafend, immer und überall, solange bis er umfällt. Der Indonesier wird geboren mit einer nie versiegenden Zigarettenproduktion in der Hosentasche. Wie ich in einem früheren Blog schrieb, sogar zur Beerdigung nahm man eine Stange Zigaretten mit. Ein freundliches „Hello Mister“ begrüßt jeden Tourist gleichermaßen, egal ob männlich oder weiblich. Doch auch seine Langsamkeit ist ein Markenzeichen des Indonesiers. Ich erinnere mich an Situationen, die so himmelschreiend, so unglaublich, so sich die Haare raufend waren. Es ging um Selbstverständliches, einfachste Dinge, für die es keiner gemeinsamen Sprache bedurfte, doch der indonesische Gegenüber war völlig ahnunglos, was das Anliegen war. Oft waren wir kurz vorm Verzweifeln. Wir aßen in einem Restaurant und Lara bat, mit der Zigarette gestikulierend, um einen Aschenbecher. Verständnislose Augen schauten sie an. Selbst als die Asche bereits zu Boden fiel, verdeutlichte das ihren Wunsch nicht und als Antwort kam immer nur „Sorry Mister, no English.“ Erst als ein englisch sprechender Kollege vorbeikam, konnte das Mysterium aufgeklärt werden und sie erhielt ihren Aschenbecher. Ähnliche Szenen gab es zu Hauf in Indonesien.
Doch Indonesien wird mir auch durch seine wunderschöne Unterwasserwelt in Erinnerung bleiben. Hier schwamm ich alleine mit einer Riesenschildkröte, hier sah ich meinen ersten Hai, hier hatte ich ein Schlangenerlebnis der besonderen Art. Es war auf Bunaken, einem der vielen Taucherparadiese Indonesiens. Ich hatte einen von mehreren Tauchgängen und war mit meinem Tauchlehrer Felix unterwegs. Da ich Anfängerin war, hatte ich seine volle Aufmerksamkeit und musste ihn mit Niemand teilen. Er war ein Fan der kleinen Tiere, wie ich schnell feststellte. Jede winzige Schnecke, jeder Mikroorganismus erweckte seine Aufmerksamkeit. Er war gerade dabei mir eines dieser Minitierchen zu zeigen, als ein paar Meter neben uns ein Hai vorbeischwamm.
Ich zog ihn aufgeregt an seiner Flosse, wild auf das Tier gestikulierend. Er nickte mir zu und widmete sich dann unbeeindruckt der in einer Koralle versteckten Schnecke. Als wir später an Land unseren Tauchgang durchsprachen, erinnerte er sich an all die Schnecken und Krabben und vergaß glatt meinen Hai. Als Kommentar kam nur „oh yes, that was a White Tip Shark“, a small one, only one and a half metres.“
Am nächsten Tag tauchten wir wieder ab. Diesmal gab es zwar keinen Hai, aber wir erspähten eine der schwarz, weiß gestreiften Wasserschlangen. Sie war knapp zwei Meter lang und schlängelte sich gemütlich durch die Unterwasserwelt. Es war kaum vorstellbar aber diese „Black White Banded Seasnake“ war 15 mal giftiger als eine Kobra. Dafür hatte sie einen Vorteil: Agressivität war nicht ihr Ding und ihr Maul war winzig. Es hatte eine so geringe Spannbreite, daß sie nur an ganz wenigen Stellen eines menschlichen Körpers beissen konnte. Die Haut zwischen den Fingern war eine davon. Ich wollte mich nicht darauf verlassen. Umso schockierter war ich, als Felix der Schlange hinterherschwamm, sie am Schwanz packte und mit ihr in meiner Richtung zurückkam. Wild um sich fuchtelnd, versuchte sie sich aus seinem Griff zu lösen. Es war unglaublich, da schwamm dieser Tauchlehrer mit einer Giftschlange in der Hand direkt auf mich zu. Ich wollte das Tier aber gar nicht so aus der Nähe sehen und suchte in einem Affenzahn das Weite. Das Gleiche tat die Schlange als er sie endlich los ließ. Es mag ja sein, daß sie nicht agressiv ist, aber wenn Du von einem Fremden am Schwanz festgehalten wirst, wird auch die geduldigste Schlange ungehalten, und ich kann es ihr nicht verübeln.
Dagegen war mein Schildkrötenerlebnis harmlos, wenn auch nicht weniger beeindruckend. Es war auf den Gilli Islands. Ich schnorchelte im Meer, war gerade alleine auf weiter Flur als plötzlich eine Riesenschildkröte neben mir schwamm.
Sichtlich unbeeindruckt von mir, gleitete sie mit majestätischen Flossenbewegungen durchs Wasser, tauchte hier und da ab, schaute mich zwischendurch neugierig an und fiel mit einem Wahnsinnshunger über die maritime Pflanzenwelt her. In einer Seelenruhe zerrte und zupfte sie solange an den farbenfrohen Korallen bis es ihr gelang einen Riesenbrocken herauszubeissen, den sie fast unangetastet fallen ließ um dann die nächste Koralle in gleicher Weise zu malträtieren. Ich musste laut unter Wasser lachen, als ich mir überlegte, wie vorsichtig ich mit den Korallen umging, um jeglichen Schaden zu vermeiden, während die Schildkröte so barbarisch über diese herfiel. In Tuchfühlung schwamm ich neben dem gut einem Meter langen Reptil, strich ihr ab und zu über den Panzer und war dankbar so etwas erleben zu dürfen. Mittlerweile hatten uns einige andere Schnorchler erspäht. Ich verabschiedete mich von ihr, gab den Platz frei für ihre neuen Fans, wünschte ihr viel Glück und beendete meinen Ausflug mit dem Gedanke „man soll gehen, wenn es am schönsten ist…“
Originalbericht: brigitte.de