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Die geplante MwSt.-Erhöhung auf 12 % in Indonesien: Chancen, Risiken und Auswirkungen auf die Bevölkerung

21 11 2024 Titel 1 png

Die indonesische Regierung plant, ab dem 1. Januar 2025 die Mehrwertsteuer (PPN) auf 12 % zu erhöhen, wie im Gesetz Nr. 7 von 2021 festgelegt. Diese Maßnahme sorgt für Diskussionen, da sie sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Einerseits könnten dringend benötigte Einnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität generiert werden. Andererseits besteht das Risiko, dass ärmere Bevölkerungsschichten unverhältnismäßig stark belastet werden, was die soziale Ungleichheit verschärfen könnte. Dieser Artikel beleuchtet die Auswirkungen dieser Steuererhöhung und hinterfragt, ob die neuen Einnahmen sinnvoll genutzt werden.

Hintergrund zur Steuererhöhung

Die Mehrwertsteuererhöhung ist Teil eines Plans zur Steigerung der Staatseinnahmen. In einem Land mit erheblichen wirtschaftlichen Disparitäten stellt sich jedoch die Frage, ob diese Maßnahme die richtige Zielgruppe trifft. Während die Oberschicht die Steuererhöhung kaum spüren wird, könnte sie die Mittelschicht und ärmere Haushalte unverhältnismäßig stark belasten.

Viele Experten argumentieren, dass eine Vermögenssteuer, die gezielt auf die reichsten Bürger abzielt, gerechter und effizienter wäre. Eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) zeigt, dass eine Vermögenssteuer auf die obersten 1 % der Einkommensbezieher potenziell über 3 % des BIP an zusätzlichen Staatseinnahmen generieren könnte. Beispiele aus Ländern wie Frankreich und Norwegen, die erfolgreich Vermögenssteuern eingeführt haben, stützen diese Argumentation.

Vor- und Nachteile der MwSt.-Erhöhung

Vorteile


  1. Staatseinnahmen steigern
    Die zusätzlichen Einnahmen könnten dringend benötigte Mittel für Infrastrukturprojekte bereitstellen, insbesondere für den Bau der neuen Hauptstadt Nusantara sowie für den Ausbau von Verkehrsnetzen, den Bau neuer Schulen und Krankenhäuser und die Modernisierung der Wasserversorgung in ländlichen Gebieten. Auch die Modernisierung von Krankenhäusern in abgelegenen Gebieten könnte den Zugang zu medizinischer Versorgung für benachteiligte Gruppen verbessern.



  2. Fiskalische Stabilität fördern
    Eine höhere Mehrwertsteuer könnte dazu beitragen, die Abhängigkeit von Rohstoffexporten zu verringern und die Staatshaushalte nachhaltiger zu gestalten. Dies wäre insbesondere in Zeiten globaler wirtschaftlicher Unsicherheit von Vorteil, da eine stabilere Einnahmequelle geschaffen wird, die weniger anfällig für Schwankungen auf den Rohstoffmärkten ist.



  3. Infrastruktur als Wachstumsmotor
    Projekte wie Straßen, Krankenhäuser und Schulen, die durch die Steuer finanziert werden, könnten langfristig die Lebensqualität verbessern und wirtschaftliches Wachstum ankurbeln. Eine verbesserte Infrastruktur könnte nicht nur die Mobilität erleichtern, sondern auch ausländische Investoren anziehen und so das Wirtschaftswachstum stärken.


Nachteile


  1. Belastung der Verbraucher
    Die Steuererhöhung wird direkt auf Waren und Dienstleistungen aufgeschlagen, was zu höheren Lebenshaltungskosten führen könnte. Dies trifft besonders Haushalte mit mittlerem und niedrigem Einkommen, die bereits mit steigenden Preisen zu kämpfen haben. Diese zusätzlichen Kosten könnten den Konsum drosseln, was die Wirtschaft weiter schwächt.



  2. Kaufkraftverlust
    Eine schwächere Kaufkraft könnte die Nachfrage senken, was sich negativ auf Unternehmen und das Wirtschaftswachstum auswirken könnte. Wenn die Verbraucher weniger ausgeben, könnten Unternehmen gezwungen sein, Kosten zu senken, möglicherweise durch Entlassungen. Diese Entwicklungen könnten zu einer erhöhten Arbeitslosenquote führen und die wirtschaftliche Stabilität beeinträchtigen.



  3. Ungleichheit verstärken
    Kritiker argumentieren, dass eine Vermögenssteuer gerechter wäre. Die aktuelle Steuerpolitik könnte hingegen die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vergrößern, da ärmere Haushalte im Verhältnis zu ihrem Einkommen stärker belastet werden. Eine progressive Steuerpolitik, die gezielt die Wohlhabenden belastet, könnte die Belastung für die einkommensschwachen Schichten deutlich reduzieren und soziale Spannungen verringern.


Die Rolle der neuen Hauptstadt Nusantara

Der Bau der neuen Hauptstadt Nusantara ist eines der ambitioniertesten Projekte in der Geschichte Indonesiens. Derzeit wird der Bau durch öffentliche Mittel und Investoren finanziert, doch der immense Kapitalbedarf macht zusätzliche Einnahmen notwendig. Bisher gibt es Anzeichen, dass die notwendigen Geldmittel nicht ausreichend vorhanden sind, um die Pläne umzusetzen. Trotzdem wird der Bau der neuen Hauptstadt vorangetrieben, was viele kritisch sehen.

Die geplante MwSt.-Anhebung könnte durchaus damit zusammenhängen, dass die Regierung aufgrund der erheblichen finanziellen Lücken verzweifelt nach neuen Einnahmequellen sucht, um die hohen Kosten des Projekts Nusantara zu decken. Die Finanzierung ist aktuell unzureichend gesichert, was die Notwendigkeit zusätzlicher Einnahmen besonders dringlich macht. Während die Hauptstadt als modernes Modellprojekt geplant ist, kämpfen viele Menschen im Land noch mit grundlegenden Herausforderungen wie mangelnder Gesundheitsversorgung und fehlender Infrastruktur. Das Ungleichgewicht zwischen den Ressourcen, die in dieses Prestigeprojekt fließen, und den dringend benötigten Investitionen in anderen Bereichen ist offensichtlich. Historische Beispiele wie das gescheiterte Hambalang-Sportzentrum und das Jakarta Monorail-Projekt zeigen, dass öffentliche Gelder in der Vergangenheit oft ineffektiv verwendet wurden, was die Skepsis weiter verstärkt.

Ein persönlicher Blickwinkel

Als Ausländer in Indonesien sehe ich diese Steuererhöhung zwiespältig. Einerseits verstehe ich die Notwendigkeit, Staatseinnahmen zu steigern, um wichtige Projekte wie Nusantara zu finanzieren. Andererseits sorge ich mich um die Auswirkungen auf den Alltag der Menschen. Die Lebenshaltungskosten sind bereits hoch, und eine weitere Belastung könnte das Wirtschaftswachstum bremsen. Die historische Ineffizienz bei der Umsetzung großer Projekte lässt zudem Zweifel daran aufkommen, ob die zusätzlichen Einnahmen sinnvoll genutzt werden. Das Hambalang-Sportzentrum und das Jakarta Monorail-Projekt sind Beispiele für gescheiterte Prestigeprojekte, bei denen öffentliche Gelder verschwendet wurden.

Fazit

Die geplante Mehrwertsteuererhöhung auf 12 % bietet die Chance, dringend benötigte Mittel für die Entwicklung des Landes zu generieren, riskiert jedoch, die soziale Ungleichheit zu verschärfen und das Wirtschaftswachstum zu bremsen. Eine differenzierte Steuerpolitik, die auch Vermögenssteuern umfasst, könnte eine gerechtere Lösung sein. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung die zusätzlichen Steuereinnahmen sinnvoll nutzt, um das Land voranzubringen und die Lebensbedingungen der gesamten Bevölkerung zu verbessern. Regelmäßige öffentliche Berichte, Bürgerbeteiligungen und unabhängige Audits könnten dazu beitragen, die Verwendung der Steuergelder nachvollziehbar zu machen und das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen.

Quellen:

2 Kommentare

  1. Bernd Riedlinger
    22. November 2024

    Interessanter Artikel, danke für die tiefgehenden Einblicke! Die geplante MwSt.-Erhöhung in Indonesien klingt wie ein zweischneidiges Schwert. Einerseits klingt die Finanzierung von Infrastrukturprojekten wirklich vielversprechend, aber was passiert, wenn die zusätzlichen Kosten für den Durchschnittsbürger zu hoch werden? Das könnte die soziale Ungleichheit doch weiter vertiefen. Könnte es sein, dass alternative Steuermaßnahmen, wie eine gezielte Vermögenssteuer, weniger schmerzhaft für die breite Masse wären? In ähnlichen Fällen gab es in anderen Ländern gemischte Ergebnisse – nur so ein Gedanke. Glaubst du, dass sich die Maßnahme anders als erwartet auf den Tourismus auswirken könnte?

    Hier habe ich übrigens einen Link gefunden, der Preise weltweit vergleicht, aber keine Ahnung, wie aktuell die Daten sind: https://welt-preise.de/indonesien/preise.

    Freue mich über eure Gedanken dazu!

    • Silvio Harnos
      23. November 2024

      Vielen Dank für deinen interessanten Kommentar und den Link – solche Vergleichsseiten sind immer spannend, auch wenn die Aktualität der Daten manchmal fraglich ist.

      Zur geplanten Mehrwertsteuererhöhung sehe ich ebenfalls einige Herausforderungen. Ein großes Problem in Indonesien ist die Praxis der Aufrundung bei Zahlungen. Wenn du zum Beispiel in einem Restaurant für ein Gedeck 250.000 Rp zahlst, würde eine 1-prozentige MwSt.-Erhöhung den Preis rechnerisch auf 252.500 Rp anheben. In der Realität wird jedoch häufig großzügig aufgerundet, was bedeutet, dass du am Ende vielleicht 260.000 Rp zahlst – effektiv also rund 4 % mehr. Solche Aufrundungen betreffen viele Bereiche des täglichen Lebens und könnten für die breite Masse spürbarer ausfallen, als die Regierung vielleicht annimmt.

      Was alternative Steuermaßnahmen wie die Vermögenssteuer betrifft, halte ich es für unwahrscheinlich, dass Indonesien diesen Weg gehen wird. Die Steueramnestie vor ein paar Jahren hat gezeigt, dass der Fokus eher darauf liegt, kurzfristig Geld einzusammeln, anstatt ein gerechteres Steuersystem zu etablieren. Zudem könnte eine Vermögenssteuer zu Unruhe unter den Wohlhabenden führen. Kleine Unternehmen, wie auch meines, zahlen übrigens lediglich 0,5 % Umsatzsteuer und sind von der MwSt.-Abführung befreit, was das Steuersystem hierzulande noch komplexer macht.

      Die Lebenshaltungskosten in Indonesien sind in den letzten Jahren tatsächlich stark gestiegen. Der Staat versucht, dies durch Subventionen abzufedern, etwa bei Benzin, Gas oder Reis. Diese Maßnahmen kosten jedoch ebenfalls viel Geld, das irgendwoher kommen muss. Es gibt sicherlich Potenziale für zusätzliche Einnahmen – beispielsweise durch konsequentere Ahndung von Verkehrsverstößen –, aber hier fehlt es häufig am politischen Willen und an der Durchsetzung.

      Bezüglich der Auswirkungen auf den Tourismus bin ich eher entspannt. Indonesien bleibt im Vergleich zu westlichen Ländern weiterhin extrem günstig, sodass ich nicht glaube, dass eine MwSt.-Erhöhung Reisende abschrecken würde. Was ich allerdings spannend finde, ist der Gedanke, erneut eine Auflistung der Lebenshaltungskosten in Jakarta zu erstellen. Leider stoße ich bei solchen Projekten oft auf Kritik von Menschen, die in anderen Regionen des Landes leben und die teils deutlich niedrigeren Kosten dort mit meinen Angaben vergleichen. Diese Missverständnisse können den Spaß an solchen Analysen wirklich trüben.

      Ich freue mich auf deine weiteren Gedanken dazu und danke dir nochmals für den konstruktiven Austausch!

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