Im Rennen um den IWF-Chefposten hat die französische Finanzministerin Christine Lagarde ihren Vorsprung am Pfingstwochenende ausgebaut. Mit Indonesien stellte sich erstmals ein großes Schwellenland hinter die 55-jährige Juristin, die als erste Frau an die Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) vorstoßen könnte.

Christine Lagarde Foto: © 2011 APA/EPA Fotoquelle: stol.it
Christine Lagarde Foto: © 2011 APA/EPA Fotoquelle: stol.it

Dort würde sie ihren Landsmann Dominique Strauss-Kahn ersetzen, der über den Vorwurf der versuchten Vergewaltigung in den USA gestolpert war.

Lagarde hat die EU hinter sich. Doch die für ihr Verhandlungsgeschick gelobte Politikerin braucht auch das Votum großer Schwellenländer, von denen einige zuletzt am traditionellen Führungsanspruch der Europäer beim IWF gekratzt haben. Mit Lagarde konkurrieren der mexikanische Notenbankchef Agustin Carstens und Israels Zentralbankchef Stanley Fischer, der seinen Hut in letzter Minute in den Ring warf.

Bis Ende Juni soll feststehen, wer bei dem zuletzt auch von einem Hackerangriff erschütterten IWF das Ruder übernimmt. Derzeit wird der Fonds vor allem durch die Euro-Schuldenkrise stark gefordert.

„Ich bin persönlich für Frankreich“, sagte der indonesische Finanzminister Agus Martowardojo am Sonntag. Lagarde sei sehr professionell, integer und könne gut zwischen verschiedenen Institutionen vermitteln. Indonesien hatte sich wie viele andere Schwellenländer zuvor nicht auf einen Favoriten festgelegt, während in Südostasien noch die Nominierung eines eigenen Kandidaten diskutiert wurde. Sie stellten sich aber auch nicht hinter den Mexikaner Carstens.

Lagarde wirbt derzeit weltweit um Unterstützung für ihre Kandidatur. Am Sonntag sagte sei bei einem Besuch in Kairo, sie habe sehr positive Signale der ägyptischen Regierung aufgenommen. Am selben Tag stellten sich die Vereinigten Arabischen Emirate offiziell hinter Lagarde und brachten die Französin weiter auf Kurs zum Chefposten.

Bis zum 30. Juni soll die Personalie im IWF-Direktorium entschieden werden, wo die EU zusammen mit den USA fast schon über ausreichend Stimmen für die Bestimmung des künftigen Chefs verfügt.

Dennoch ist die Unterstützung großer Schwellenländer für Lagarde zentral: Im Jahr 2000 blockierte die US-Regierung unter Bill Clinton den Kandidaten Caio Koch-Weser, nachdem der Deutsche keine breite Unterstützung außerhalb Europas aufweisen konnte.

Größte Hürde für Lagarde dürfte ein drohendes Ermittlungsverfahren in Frankreich wegen angeblichen Amtsmissbrauchs sein. Das zuständige französische Gericht verschob Justizkreisen zufolge die eigentlich für vergangenen Freitag geplante Entscheidung auf den 8. Juli. Lagarde selbst sagt, sie sehe dort keine Probleme auf sie zukommen. Die Frist zur Benennung von IWF-Kandidaten lief am Freitag ab.

Neue Konkurrent

Mit Israels angesehenem Notenbankchef Fischer trat kurz vor Ablauf dieser Frist ein neuer Konkurrent auf den Plan. Fischer wirbt mit seiner Erfahrung in internationaler Wirtschaftspolitik, die er als stellvertretender IWF-Direktor von 1994 bis 2001 und in seiner Position als Chefökonom der Weltbank gesammelt hat.

Mit 67 Jahren hat er die Altersgrenze für Bewerber allerdings um zwei Jahre überschritten, so dass der IWF für ihn diese Regel zunächst ändern müsste.

Zudem ist der in Sambia geborene Fischer sowohl israelischer als auch US-Staatsbürger. Sein israelischer Pass könnte arabische Länder von einer Unterstützung abhalten.

Sein US-Pass kommt ihm bei dem ungeschriebenen Gesetz in die Quere, dass Europa die IWF-Führung zusteht – weil den Chefsessel bei der Schwesterorganisation Weltbank traditionell ein Amerikaner innehat.

Originalbericht: stol.it

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