Indonesien sagt ohrenbetäubenden „Sound Horeg Indonesien“-Straßenpartys den Kampf an

In Ostjava ist eine besondere Tradition in die Schlagzeilen geraten: mobile Lautsprecher-Türme, die bei Straßenfesten bis in die frühen Morgenstunden dröhnen. Was für viele Indonesier ein Stück Kultur und Unterhaltung darstellt, wird für andere zunehmend zur Belastung. Nach einer Welle von Beschwerden und sogar Berichten über gesundheitliche Schäden haben die Behörden in Ostjava neue Regeln erlassen – unterstützt von einer religiösen Fatwa, die exzessiven Lärm als „haram“ (verboten) einstuft.

Die Tradition der „Sound Horeg Indonesien“-Events

Seit über einem Jahrzehnt sind riesige Lautsprecher-Türme in vielen Städten und Dörfern auf der indonesischen Insel Java nicht mehr wegzudenken. Ob Hochzeiten, Beschneidungsfeiern oder Unabhängigkeitstag: Kaum ein Fest kommt ohne die wummernden Bässe dieser Anlagen aus. Viele Einwohner sehen die Veranstaltungen als Ausdruck lokaler Kultur und Geselligkeit, die ganze Gemeinden zusammenbringt.

Doch die Kehrseite ist nicht zu überhören. Die Lautstärke ist so extrem, dass Anwohner über gesprungene Fensterscheiben, herabfallende Dachziegel und Risse in den Wänden klagen. In sozialen Medien kursieren Videos, die das Ausmaß der Schäden dokumentieren.

Gesundheitliche Folgen und tragische Vorfälle

Medizinische Experten warnen seit Langem vor den Risiken von Lärm über 85 Dezibel – ein Wert, der bereits Gehörschäden verursachen kann. Viele Lautsprecher-Türme erreichen jedoch 120 bis 130 Dezibel, was laut Weltgesundheitsorganisation unmittelbare gesundheitliche Schäden verursachen kann.

Die Folgen sind bereits sichtbar: Neben einer Zunahme von Hörproblemen berichteten lokale Medien über eine Frau, die bei einem Straßenfest angeblich an Herzversagen durch die extremen Schallwellen starb. Solche tragischen Fälle verstärken den Druck auf die Behörden, Maßnahmen gegen die ohrenbetäubenden Feiern zu ergreifen.

Gesetzliche Einschränkungen in Ostjava

Die Provinzregierung von Ostjava hat reagiert und strikte Regeln eingeführt. Demnach sind Lautsprecher-Türme künftig auf eine maximale Lautstärke von 120 Dezibel begrenzt. Mobile Anlagen, etwa bei Paraden oder Protesten, dürfen sogar nur bis 85 Dezibel betrieben werden. Außerdem ist der Einsatz in der Nähe von Schulen, Krankenhäusern, Moscheen oder fahrenden Ambulanzen verboten.

Doch die Realität sieht oft anders aus. Trotz der neuen Vorschriften lassen sich immer wieder Veranstaltungen beobachten, bei denen die Regeln missachtet werden – oft unter den Augen lokaler Behörden, die nur selten einschreiten.

Religiöse Fatwa: Exzessiver Lärm ist „haram“

Auch die Religion mischt sich in die Debatte ein. Im Juli hat ein islamischer Rat in Ostjava eine Fatwa erlassen, die exzessive Lärmbelästigung ausdrücklich verbietet. Besonders Hochzeitskonvois oder andere Feierlichkeiten, bei denen durch den Krach Straßen blockiert oder Gläubige am Beten gehindert werden, gelten demnach als unvereinbar mit islamischem Recht.

Diese religiöse Bewertung gibt den Gegnern der Lautsprecher-Partys zusätzlichen Rückenwind, sorgt aber gleichzeitig für Diskussionen: Für viele Menschen sind die Veranstaltungen ein unverzichtbarer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens.

Wirtschaftliche Bedeutung der Lautsprecher-Türme

Neben der kulturellen Dimension spielt auch die Wirtschaft eine Rolle. Betreiber von Lautsprecher-Anlagen betonen, dass ihr Geschäft Tausende von Arbeitsplätzen schafft – von Technikern über Veranstalter bis hin zu Händlern, die auf den Feiern ihre Waren verkaufen. Gerade in Städten wie Malang ist die Branche ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Die Betreiber verweisen zudem darauf, dass die Nachfrage aus der Bevölkerung kommt. Ihrer Ansicht nach sind es meist Außenstehende oder Zugezogene, die sich beschweren, während die lokale Bevölkerung die Partys mehrheitlich unterstützt.

Konflikt zwischen Tradition und Lebensqualität

Der Streit um die Lautsprecher-Türme ist damit auch ein Symbol für den größeren Konflikt zwischen Tradition und moderner Lebensqualität. Auf der einen Seite stehen Anwohner, die sich über Schlafmangel, Stress und Sachschäden beklagen. Auf der anderen Seite stehen Menschen, die ihre kulturellen Ausdrucksformen und das Gemeinschaftsgefühl bewahren wollen.

Die Situation wird zusätzlich durch Angst vor Repression verschärft: Einige Anwohner berichten, dass Lautsprecher-Betreiber als „Rache“ vor den Häusern von Kritikern parken und dort stundenlang Musik abspielen.

Fazit

Indonesiens Kampf gegen exzessiv laute Straßenfeste ist ein Balanceakt zwischen kultureller Tradition, wirtschaftlichen Interessen und öffentlicher Gesundheit. Während religiöse Autoritäten und die Regierung klare Grenzen ziehen wollen, zeigt die Praxis, dass Regeln nur schwer durchgesetzt werden können. Ob das neue Gesetz und die Fatwa tatsächlich zu leiseren Nächten in Ostjava führen, bleibt abzuwarten – die Diskussion über „Sound Horeg“ dürfte Indonesien jedoch noch lange begleiten.

Quellen:

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