Die indonesische Regierung plant, ab dem 1. Januar 2025 die Mehrwertsteuer (PPN) auf 12 % zu erhöhen, wie im Gesetz Nr. 7 von 2021 festgelegt. Diese Maßnahme sorgt für Diskussionen, da sie sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Einerseits könnten dringend benötigte Einnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität generiert werden. Andererseits besteht das Risiko, dass ärmere Bevölkerungsschichten unverhältnismäßig stark belastet werden, was die soziale Ungleichheit verschärfen könnte. Dieser Artikel beleuchtet die Auswirkungen dieser Steuererhöhung und hinterfragt, ob die neuen Einnahmen sinnvoll genutzt werden.
Hintergrund zur Steuererhöhung
Die Mehrwertsteuererhöhung ist Teil eines Plans zur Steigerung der Staatseinnahmen. In einem Land mit erheblichen wirtschaftlichen Disparitäten stellt sich jedoch die Frage, ob diese Maßnahme die richtige Zielgruppe trifft. Während die Oberschicht die Steuererhöhung kaum spüren wird, könnte sie die Mittelschicht und ärmere Haushalte unverhältnismäßig stark belasten.
Viele Experten argumentieren, dass eine Vermögenssteuer, die gezielt auf die reichsten Bürger abzielt, gerechter und effizienter wäre. Eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) zeigt, dass eine Vermögenssteuer auf die obersten 1 % der Einkommensbezieher potenziell über 3 % des BIP an zusätzlichen Staatseinnahmen generieren könnte. Beispiele aus Ländern wie Frankreich und Norwegen, die erfolgreich Vermögenssteuern eingeführt haben, stützen diese Argumentation.
Vor- und Nachteile der MwSt.-Erhöhung
Vorteile
Staatseinnahmen steigern
Die zusätzlichen Einnahmen könnten dringend benötigte Mittel für Infrastrukturprojekte bereitstellen, insbesondere für den Bau der neuen Hauptstadt Nusantara sowie für den Ausbau von Verkehrsnetzen, den Bau neuer Schulen und Krankenhäuser und die Modernisierung der Wasserversorgung in ländlichen Gebieten. Auch die Modernisierung von Krankenhäusern in abgelegenen Gebieten könnte den Zugang zu medizinischer Versorgung für benachteiligte Gruppen verbessern.Fiskalische Stabilität fördern
Eine höhere Mehrwertsteuer könnte dazu beitragen, die Abhängigkeit von Rohstoffexporten zu verringern und die Staatshaushalte nachhaltiger zu gestalten. Dies wäre insbesondere in Zeiten globaler wirtschaftlicher Unsicherheit von Vorteil, da eine stabilere Einnahmequelle geschaffen wird, die weniger anfällig für Schwankungen auf den Rohstoffmärkten ist.Infrastruktur als Wachstumsmotor
Projekte wie Straßen, Krankenhäuser und Schulen, die durch die Steuer finanziert werden, könnten langfristig die Lebensqualität verbessern und wirtschaftliches Wachstum ankurbeln. Eine verbesserte Infrastruktur könnte nicht nur die Mobilität erleichtern, sondern auch ausländische Investoren anziehen und so das Wirtschaftswachstum stärken.
Nachteile
Belastung der Verbraucher
Die Steuererhöhung wird direkt auf Waren und Dienstleistungen aufgeschlagen, was zu höheren Lebenshaltungskosten führen könnte. Dies trifft besonders Haushalte mit mittlerem und niedrigem Einkommen, die bereits mit steigenden Preisen zu kämpfen haben. Diese zusätzlichen Kosten könnten den Konsum drosseln, was die Wirtschaft weiter schwächt.Kaufkraftverlust
Eine schwächere Kaufkraft könnte die Nachfrage senken, was sich negativ auf Unternehmen und das Wirtschaftswachstum auswirken könnte. Wenn die Verbraucher weniger ausgeben, könnten Unternehmen gezwungen sein, Kosten zu senken, möglicherweise durch Entlassungen. Diese Entwicklungen könnten zu einer erhöhten Arbeitslosenquote führen und die wirtschaftliche Stabilität beeinträchtigen.Ungleichheit verstärken
Kritiker argumentieren, dass eine Vermögenssteuer gerechter wäre. Die aktuelle Steuerpolitik könnte hingegen die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vergrößern, da ärmere Haushalte im Verhältnis zu ihrem Einkommen stärker belastet werden. Eine progressive Steuerpolitik, die gezielt die Wohlhabenden belastet, könnte die Belastung für die einkommensschwachen Schichten deutlich reduzieren und soziale Spannungen verringern.
Die Rolle der neuen Hauptstadt Nusantara
Der Bau der neuen Hauptstadt Nusantara ist eines der ambitioniertesten Projekte in der Geschichte Indonesiens. Derzeit wird der Bau durch öffentliche Mittel und Investoren finanziert, doch der immense Kapitalbedarf macht zusätzliche Einnahmen notwendig. Bisher gibt es Anzeichen, dass die notwendigen Geldmittel nicht ausreichend vorhanden sind, um die Pläne umzusetzen. Trotzdem wird der Bau der neuen Hauptstadt vorangetrieben, was viele kritisch sehen.
Die geplante MwSt.-Anhebung könnte durchaus damit zusammenhängen, dass die Regierung aufgrund der erheblichen finanziellen Lücken verzweifelt nach neuen Einnahmequellen sucht, um die hohen Kosten des Projekts Nusantara zu decken. Die Finanzierung ist aktuell unzureichend gesichert, was die Notwendigkeit zusätzlicher Einnahmen besonders dringlich macht. Während die Hauptstadt als modernes Modellprojekt geplant ist, kämpfen viele Menschen im Land noch mit grundlegenden Herausforderungen wie mangelnder Gesundheitsversorgung und fehlender Infrastruktur. Das Ungleichgewicht zwischen den Ressourcen, die in dieses Prestigeprojekt fließen, und den dringend benötigten Investitionen in anderen Bereichen ist offensichtlich. Historische Beispiele wie das gescheiterte Hambalang-Sportzentrum und das Jakarta Monorail-Projekt zeigen, dass öffentliche Gelder in der Vergangenheit oft ineffektiv verwendet wurden, was die Skepsis weiter verstärkt.
Ein persönlicher Blickwinkel
Als Ausländer in Indonesien sehe ich diese Steuererhöhung zwiespältig. Einerseits verstehe ich die Notwendigkeit, Staatseinnahmen zu steigern, um wichtige Projekte wie Nusantara zu finanzieren. Andererseits sorge ich mich um die Auswirkungen auf den Alltag der Menschen. Die Lebenshaltungskosten sind bereits hoch, und eine weitere Belastung könnte das Wirtschaftswachstum bremsen. Die historische Ineffizienz bei der Umsetzung großer Projekte lässt zudem Zweifel daran aufkommen, ob die zusätzlichen Einnahmen sinnvoll genutzt werden. Das Hambalang-Sportzentrum und das Jakarta Monorail-Projekt sind Beispiele für gescheiterte Prestigeprojekte, bei denen öffentliche Gelder verschwendet wurden.
Fazit
Die geplante Mehrwertsteuererhöhung auf 12 % bietet die Chance, dringend benötigte Mittel für die Entwicklung des Landes zu generieren, riskiert jedoch, die soziale Ungleichheit zu verschärfen und das Wirtschaftswachstum zu bremsen. Eine differenzierte Steuerpolitik, die auch Vermögenssteuern umfasst, könnte eine gerechtere Lösung sein. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung die zusätzlichen Steuereinnahmen sinnvoll nutzt, um das Land voranzubringen und die Lebensbedingungen der gesamten Bevölkerung zu verbessern. Regelmäßige öffentliche Berichte, Bürgerbeteiligungen und unabhängige Audits könnten dazu beitragen, die Verwendung der Steuergelder nachvollziehbar zu machen und das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen.
Quellen:
- Kompas.com – Realitas Ketimpangan: Indonesia Butuh Pajak Kekayaan, Bukan PPN 12 Persen – https://money.kompas.com/read/2024/11/21/095747326/realitas-ketimpangan-indonesia-butuh-pajak-kekayaan-bukan-ppn-12-persen
- BAYI – Nusantara Finanzierung und Umwelt: Ein finanzielles Abenteuer mit ungewissem Ausgang – https://www.bayi.de/2024/11/18/nusantara-finanzierung-und-umwelt-2024/