Ein Dorf in Aceh will das Internet abstellen

Ein Dorf in Aceh will das Internet abstellen

Ein Dorf in Aceh will das Internet abstellen


Der Aufschrei in der deutschsprachigen internationalen Presse war groß, als bekannt wurde, dass ein Dorfvorsteher ein ganzes Dorf vom Internet trennen wollte und das nur, weil Jugendliche angeblich Por**s schauen!

Ja und wieder ist es Aceh, die einzige Provinz von Indonesien, die wieder einmal für Schlagzeilen sorgt! So wurde berichtet, dass angeblich ein ganzes Dorf vom Internet getrennt werden soll, da die Kids dieses Dorfes lieber online Por**s schauen, als sich mit dem Koran zu beschäftigen!

Nun wie immer kann man feststellen, dass die ausländischen Medien wieder einmal maßlos übertreiben. Gleichzeitig wird aber auch an diesem Fall deutlich das ein großer Zwiespalt zwischen Eltern und deren Kindern bestehen muss. Würde ich erfahren, dass meine Tochter ins Internetcafé geht, anstatt in die Schule würde ich wohl ein ernsthaftes Machtwort sprechen. Aber tatsächlich habe ich persönlich den Eindruck, dass Eltern sich immer weiter von Ihren Kindern in Indonesien entfernen.

Waren meine Eltern vor dreißig Jahren maßlos überfordert ihren neuen Videorekorder zu programmieren, sind heute einige Eltern dieses mit dem Internet und den sozialen Medien. Insbesondere wenn zu diesen keinen physischen Kontakt hat. Und mal ehrlich ich selbst erwische mich immer wieder, wenn ich mitbekomme, was bei meiner Tochter heute so als angesagt ist. Und bevor ich mich versehe und ich endlich den Trend begriffen habe, ist dieser gänzlich vorbei. Beispiele seien hier die musical.ly-Zeiten, die ich bei meiner Tochter miterleben durfte und ich mir Tag und Nacht das verlangsamte Gejaule anhören durfte, was mit skurrilen Selfiemining auf Handy gebannt und dann veröffentlicht wurde.

Oder nehmen wir die Slime-Herstellungszeit. Wo ich meiner Tochter literweise Holzleim kaufte und sie mit anderen chemischen Substanzen daraus Slime produzierte, den sie dann auf dem Schulhof sogar verkaufte, wie ich feststellen musste. Aber genau wie alles ist die Zeit so schnelllebig geworden, dass man manchmal als Mittvierziger selbst Angst bekommt.

Aber blicken wir jetzt erst einmal wieder auf die Story aus Aceh!

Richtig ist, dass der Dorfvorsteher des Dorfes Curee Baroh, im Distrikt Simpang Mamplam, Bareun, Aceh, ein Rundschreiben an Geschäfte versendet hat, die kostenloses WLAN anbieten. Es sei aufgefallen, dass während der Koransitzungen Kinder und jugendliche fehlen. Diese seien dann in Warnet, oder in Cafés anzutreffen, die kostenloses Internet über WLAN anbieten. Dieses Rundschreiben wurde am 13. November verschickt, in dem man die Betreiber dieser Cafés aufforderte, das freie WLAN-Netz zu trennen.

Der Grund, den man im Rundschreiben angab, finde ich persönlich wieder einmal als gänzlich lächerlich. Ein Freund von mir betreibt mehrere Warnet (Internetcafés) und ich habe noch keinen erlebt, der dort zum Por** schauen hingeht. Wie überall auf der Welt, wollen Kids nur eins und das ist, zocken. Natürlich wird es hier auch ausnahmen geben, doch die wird man mit einem Internet Verbot nicht umgehen können. Dann werden sie eben gespeichert und dann die Kopien verteilt. Also für mich eine völlig überzogene Darstellung bzw. Vermutung, die man hier äußert.

Das Kids lieber im Internet surfen bzw. zocken wollen, als einer Gebetsstunde beizuwohnen ist wohl mehr als verständlich. Das es Kinder dann doch tun ist eine simple Frage der Erziehung und hier tragen die Eltern eine Schuld. Manchmal kommt es mir in Indonesien vor, als die Erziehung der Kinder völlig den Eltern egal ist. Entweder dürfen Kinder alles, oder man überlässt die Erziehung den Kindermädchen. Diese stehen dann natürlich zwischen den Stühlen. Zu streng dürfen sie nicht sein und verscherzen mit dem anvertrauten Kind wollen sie es auch nicht. Beschwert sich das Kind bei den Eltern ist das Kindermädchen schneller als man denkt, ihren Job los.

Und ich persönlich glaube nicht, das nur weil man das Internet versucht zu kappen, die Kinder jetzt mit Freude pünktlich zum Koranunterricht erscheinen werden. In der Regel finden die schneller als man denkt alternative Möglichkeiten.

Kritik macht sich stark gegen diese Forderung!

Nicht alle angeschriebenen Cafés wollen sich der Forderung beugen. Und auch das muss man jetzt den internationalen Medien zugutehalten, kam es durch die Medienpräsenz zu einer Diskussion, die selbst bis zur Provinzregierung von Aceh herangetragen wurde. So musste der Dorfvorsteher sichtlich zurückrudern und äußerte sich auf Anfragen der indonesischen Presse, dass es keine Konsequenzen für Cafébetreiber habe, wenn sie sich nicht an die Forderung des Rundschreibens halten. Er hoffe jedoch sehr, dass man sich dazu entschließe, damit die Jugend nicht von solchen Einflüssen gefährdet werde.

Die zuständige Provinzregierung des Distriktes Bareun teilte in einer öffentlichen Stellungnahme mit, dass diese erlassene Verordnung nicht gegen geltende Gesetze verstoße, solange es keine Repressalien gegen Verweigerer dieser Forderung gebe. Diese Aussage ließ dann wohl den Dorfvorsteher zu seiner Stellungnahme kommen!

Erst vor kurzen hat genau jeder Dorfvorsteher ein Rundschreiben an Cafés gesendet und diese aufgefordert, dass die Betreiber dafür sorgen müssen, dass männliche und weibliche Kunden, die nicht verwandt sind, nicht an einem gemeinsamen Tisch sitzen!

Nun über solche radikalen, der islamischen Religion zuzuordnenden Äußerungen, habe ich ja meine ganz spezielle Meinung. Aber dann würde wohl dieser Artikel heute nicht fertig werden.

(**) anonymisiert für Google

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